Wortpuzzle


Ein Gedanke, ein Buchstabe, ein Wort, ein Satz, gesucht, gepuzzlet, versinnt, geordnet ...




Matthias Claudius
(1740 - 1815)






Auf einen Selbstmörder
Videre verum, atque uti res est dicere.

Er glaubte sich und seine Not
Zu lösen durch den Tod.
Wie hat er sich betrogen!

Hier stand er hinterm Busch versteckt;
Dort steht er bloß und unbedeckt,
Und alles, was ihn hier geschreckt,
Ist mit ihm hingezogen. -
Wie hat er sich betrogen!





Abendlied

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hölle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste
Und suchen viele Künste
Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott,laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Laß uns in Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!





Der Tod und das Mädchen

Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.
Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen!





Hochzeitlied

Stand ein junges Veilchen auf der Weiden, Lieb und herzig, in sich, und bescheiden; Und ein wackrer Jüngling über Land Kam hin, da das Veilchen stand.

Und er sah das Veilchen auf der Weiden Lieb und herzig, in sich, und bescheiden, Sah es an mit Liebe und mit Lust, Wünscht es sich an seine Brust.

Heute wird das Blümchen ihm gegeben, Daß ers trag an seiner Brust durchs Leben! Und ein Kreis von edlen Menschen steht Ernst, und feiert mit Gebet.

Seid denn glücklich! Gott mit euch, Ihr beide! Seine »Sonn' am Himmel« schein euch Freude; Und, in eurer Freud', in eurem Schmerz, seine »beßre« euch ins Herz!





Kriegslied

's ist Krieg! 's ist Krieg! O Gottes Engel wehre, Und rede du darein! 's ist leider Krieg - und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen Und blutig, bleich und blaß, Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen, Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten, Verstümmelt und halb tot Im Staub sich vor mir wälzten, und mir fluchten In ihrer Todesnot?

Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute, So glücklich vor dem Krieg, Nun alle elend, alle arme Leute, Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch' und ihre Nöten Freund, Freund und Feind ins Grab Versammelten, und mir zu Ehren krähten Von einer Leich herab?

Was hülf mir Kron' und Land und Gold und Ehre? Die könnten mich nicht freun! 's ist leider Krieg - und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!





Der Frühling; Am ersten Maimorgen

Heute will ich fröhlich, fröhlich sein, Keine Weis' und keine Sitte hören; Will mich wälzen und für Freude schrein, Und der König soll mir das nicht wehren;

Denn er kommt mit seiner Freuden Schar Heute aus der Morgenröte Hallen, Einen Blumenkranz um Brust und Haar Und auf seiner Schulter Nachtigallen;

Und sein Antlitz ist ihm rot und weiß, Und er träuft von Tau und Duft und Segen - Ha! Mein Thyrsus sei ein Knospenreis, Und so tauml' ich meinem Freund entgegen.





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