An die Parzen Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen ! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele gesättiget, dann mir sterbe. Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht; Doch ist mir einst das Heilige, das am Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen, Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt ! Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel Mich nicht hinab geleitet; Einmal Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht. Lebenslauf Größeres wolltest auch du, aber die Liebe zwingt All uns nieder, das Leid beugt gewaltiger, Doch es kehret umsonst nicht Unser Bogen, woher er kommt. Aufwärts oder hinab ! herrschet in heiliger Nacht, Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt, Herrscht im schiefesten Orkus Nicht ein Grades, ein Recht noch auch ? Dies erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich, Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, Daß ich wüßte, mit Vorsicht Mich des ebenen Pfads geführt. Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für alles lern, Und verstehe die Freiheit, Aufzubrechen, wohin er will. Menschenbeifall Ist nicht heilig mein Herz,schöneren Lebens voll, Seit ich liebe? Warum achtetet ihr mich nicht mehr, Da ich stolzer und wilder, Wortereicher und leerer war? Ach! Der Menge gefällt, was auf dem Marktplatz taugt, Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen; An das Göttliche glauben Die allein, die es selber sind. Palinodie Was dämmert um mich, Erde ! dein freundlich Grün ? Was wehst du wieder, Lüftchen, wie einst, mich an ? In allen Wipfeln rauschts, . . . . . . Was weckt ihr mir die Seele ? was regt ihr mir Vergangnes auf, ihr Guten ! o schonet mein Und laß sie ruhn, die Asche meiner Freuden, ihr spottet nur ! o wandelt, Ihr schicksallosen Götter, vorbei und blüht In eurer Jugend über den Alternden Und wollt ihr zu den Sterblichen euch Gerne gesellen, so blühn der Jungfraun Euch viel, der jungen Helden, und schöner spielt Der Morgen um die Wange der Glücklichen Denn um ein trübes Aug und lieblich Tönen die Sänge der Mühelosen. Ach ! vormals rauschte leicht des Gesanges Quell Auch mir vom Busen, da noch die Freude mir, Die himmlische, vom Auge glänzte . . . Versöhnung, o Versöhnung, ihr gütigen, Ihr immergleichen Götter, und haltet ein, Weil ihr die reinen Quellen liebt . . . Sonnenuntergang Wo bist du ? trunken dämmert die Seele mir Von aller deiner Wonne; denn eben ists, Daß ich gelauscht, wie, goldner Töne Voll, der entzückende Sonnenjüngling Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt'; Es tönten rings die Wälder und Hügel nach. Doch fern ist er zu frommen Vökern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen. Abbitte Heilig Wesen ! gestört hab ich die goldene Götterruhe dir oft, und der geheimeren, Tiefern Schmerzen des Lebens Hast du manche gelernt von mir. O vergiß es, vergib ! gleich dem Gewölke dort Vor dem friedlichen Mond, geh ich dahin, und du Ruhst und glänzest in deiner Schöne wieder, du süßes Licht ! Da ich ein Knabe war . . . Da ich ein Knabe war, Rettet' ein Gott mich oft Vom Geschrei und der Rute der Menschen, Da spielt ich sicher und gut Mit den Blumen des Hains, Und die Lüftchen des Himmels Spielten mit mir. Und wie du das Herz Der Pflanzen erfreust, Wenn sie entgegen dir Die zarten Arme strecken, So hast du mein Herz erfreut, Vater Helios ! und, wie Endymion, War ich dein Liebling, Heilige Luna ! Oh all ihr treuen Freundlichen Götter ! Daß ihr wüßtet, Wie euch meine Seele geliebt ! Zwar damals rief ich noch nicht Euch mit Namen, auch ihr Nanntet mich nie, wie die Menschen sich nennen Als kennten sie sich. Doch kannt ich euch besser, Als ich je die Menschen gekannt, Ich verstand die Stille des Aethers, Der Menschen Worte verstand ich nie. Mich erzog der Wohllaut Des säuselnden Hains Und lieben lernt ich Unter den Blumen. Im Arme der Götter wuchs ich groß. Wohl geh ich täglich . . . Wohl geh ich täglich andere Pfade, bald Ins grüne Laub im Walde, zur Quelle bald, Zum Felsen, wo die Rosen blühen, Blicke vom Hügel ins Land, doch nirgend, Du Holde, nirgend find ich im Lichte dich Und in die Lüfte schwinden die Worte mir, Dir frommen, die bei dir ich ehmals . . . Ja ferne bist du, seliges Angesicht ! Und deines Lebens Wohllaut verhallt, von mir Nicht mehr belauscht, und ach ! wo seid ihr Zaubergesänge, die einst das Herz mir Besänftiget mit Ruhe der Himmlischen ? Wie lang ists ! o wie lange ! der Jüngling ist Gealtert, selbst die Erde, die mir Damals gelächelt, ist anders worden. Leb immer wohl ! es scheidet und kehrt zu dir Die Seele jeden Tag, und es weint um dich Das Auge, daß es helle wieder Dort wo du säumest, hinüberblicke. Friedrich Hölderlin im Netz Hölderlin bei Gutenberg Hölderlin Gesellschaft Friedrich Hölderlin Hölderlin-Archiv |