Wortpuzzle


Ein Gedanke, ein Buchstabe, ein Wort, ein Satz, gesucht, gepuzzlet, versinnt, geordnet ...




Eduard Mörike
(1804 - 1875)






Agnes

Rosenzeit! Wie schnell vorbei,
Schnell vorbei
Bist du doch gegangen!
Waer mein Lieb nur blieben treu,
Blieben treu,
Sollte mir nicht bangen.

Um die Ernte wohlgemut,

Wohlgemut
Schnitterinnen singen.
Aber, ach! mir kranken Blut,
Mir kranken Blut
Will nichts mehr gelingen.

Schleiche so durchs Wiesental,

So durchs Tal,
Als im Traum verloren,
Nach dem Berg, da tausendmal,
Tausendmal
Er mir Treu geschworen.

Oben auf des Huegels Rand,

Abgewandt,
Wein ich bei der Linde;
An dem Hut mein Rosenband,
Von seiner Hand,
Spieler in dem Winde.





Auf ein Kind
das mir eine ausgerissene Haarlocke vorwies

Mein Kind, in welchem Krieg hast du
Die gelben Haare lassen müssen?
Ein Rosenzweig hat sie im Sprunge dir entrissen!
Du weißt es kaum und lachst dazu.
Gott gebe, daß in künftger Zeit
Nie kein Verlust, noch ander Leid
Dich bitterer im jungen Herzen
Als dieser leichte Raub mag schmerzen!





Auf einer Wanderung

In ein freundliches Staedtchen tret ich ein,
In den Strassen liegt roter Abendschein.
Aus einem offnen Fenster eben,
ueber den reichsten Blumenflor
Hinweg, hoert man Goldglockentoene schweben,
Und _eine_ Stimme scheint ein Nachtigallenchor,
Dass die Blueten beben,
Dass die Luefte leben,
Dass in hoeherem Rot die Rosen leuchten vor.

Lang hielt ich staunend, lustbeklommen.

Wie ich hinaus vors Tor gekommen,
Ich weiss es wahrlich selber nicht.
Ach hier, wie liegt die Welt so licht!
Der Himmel wogt in purpurnem Gewuehle,
Rueckwaerts die Stadt in goldnem Rauch;
Wie rauscht der Erlenbach, wie rauscht im Grund die Muehle!
Ich bin wie trunken, irrgefuehrt -
O Muse, du hast mein Herz beruehrt
Mit einem Liebeshauch!





Bei einer Trauung

Vor lauter hochadligen Zeugen
Copuliert man ihrer zwei;
Die Orgel hängt voll Geigen,
Der Himmel nicht, mein Treu!
Seht doch, sie weint ja greulich,
Er macht ein Gesicht abscheulich!
Denn leider freilich, freilich
Keine Lieb ist nicht dabei.





Zur Warnung

Einmal nach einer lustigen Nacht
War ich am Morgen seltsam aufgewacht:
Durst, Wasserscheu, ungleich Gebluet;
Dabei geruehrt und weichlich im Gemuet,
Beinah poetisch, ja, ich bat die Muse um ein Lied.
Sie, mit verstelltem Pathos, spottet' mein,
Gab mir den schnoeden Bafel ein:
"Es schlagt eine Nachtigall
Am Wasserfall;
Und ein Vogel ebenfalls,
Der schreibt sich Wendehals,
Johann Jakob Wendehals;
Der tut tanzen
Bei den Pflanzen
Obbemeld'ten Wasserfalls -"
So ging es fort; mir wurde immer baenger.
Jetzt sprang ich auf: zum Wein! Der war denn auch mein Retter.
- Merkts euch, ihr traenenreichen Saenger,
Im Katzenjammer ruft man keine Goetter!





Nimmersatte Liebe

So ist die Lieb! So ist die Lieb!
Mit Küssen nicht zu stillen:
Wer ist der Tor und will ein Sieb
Mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr,
Und küssest ewig, ewig gar,
Du tust ihr nie zu Willen.

Die Lieb, die Lieb hat alle Stund
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippen wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh,
Wie's Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat: nur immer zu,
je weher, desto besser!

So ist die Lieb, und war auch so,
Wie lang es Liebe gibt,
Und anders hat Herr Salomo,
Der Weise, nicht geliebt.





Er ist's

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
- Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!





Am Walde

Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage,
Dem Kukuk horchend, in dem Grase liegen;
Er scheint das Tal gemaechlich einzuwiegen
Im friedevollen Gleichklang seiner Klage.

Da ist mir wohl, und meine schlimmste Plage,

Den Fratzen der Gesellschaft mich zu fuegen,
Hier wird sie mich doch endlich nicht bekriegen,
Wo ich auf eigne Weise mich behage.

Und wenn die feinen Leute nur erst daechten,

Wie schoen Poeten ihre Zeit verschwenden,
Sie wuerden mich zuletzt noch gar beneiden.

Denn des Sonetts gedraengte Kraenze flechten

Sich wie von selber unter meinen Haenden,
Indes die Augen in der Ferne weiden.





Um Mitternacht

Gelassen stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand,
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Das uralt alte Schlummerlied,
Sie achtet's nicht, sie ist es müd;
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flücht'gen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.





Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
Im warmen Golde fließen.





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