Alle Menschen seh ich leben Viele leicht vorüberschweben Wenig mühsam vorwärtsstreben Doch nur Einem ists gegeben Leichtes Streben, schwebend leben. Wahrlich der Genuß ziemt Toren In der Zeit sind sie verloren, Gleichen ganz den Ephemeren[.] In dem Streit mit Sturm und Wogen Wird der Weise fortgezogen Kämpft um niemals aufzuhören Und so wird die Zeit betrogen Endlich unters Joch gebogen Muß des Weisen Macht vermehren. Ruh ist Göttern nur gegeben Ihnen ziemt der Überfluß Doch für uns ist Handeln Leben Macht zu üben nur Genuß. An Carolinen als ich ihr, den Sonnabend Abend gab Darf ich mit der Zeugin meiner Schwächen Frei und ungefährdet sie besprechen, Ihrer Teilnehmung gewärtig sein? Darf ich holden, süßen Worten trauen Und gewiß auf meinen Glauben bauen? Wird mich diese Beichte nie gereun? Gern gesteh ichs - oft ward ich betrogen, Wenn von Schmeichelworten angezogen, Mir der größte Wurf gelungen schien. Und mir dann, vom Star gelöst, am Ende, Mühsam nur gelang in meine Hände Das verspielte Herz zurückzuziehn. Doch es soll nie meine Hoffnung welken - Leichter wird der Himmel sich entwölken Einer Stirn, die nicht versiegelt ist. Zuversicht besticht des Schicksals Launen - Und im Zuge deiner Augenbraunen Les ich eher klugen Rat, als List. Anfang Es kann kein Rausch sein - oder ich wäre nicht Für diesen Stern geboren - nur so von ohngefähr In dieser tollen Welt zu nah an Seinen magnetischen Kreis gekommen. Ein Rausch wär wirklich sittlicher Grazie Vollendetes Bewußtsein? - Glauben an Menschheit wär Nur Spielwerk einer frohen Stunde -? Wäre dies Rausch, was ist dann das Leben? Soll ich getrennt sein ewig? - ist Vorgefühl Der künftigen Vereinigung, dessen, was Wir hier für Unser schon erkannten, Aber nicht ganz noch besitzen konnten - Ist dies auch Rausch? so bliebe der Nüchternheit, Der Wahrheit nur die Masse, der Ton, und das Gefühl der Leere, des Verlustes Und der vernichtigenden Entsagung. Womit wird denn belohnt für die Anstrengung Zu leben wider Willen, Feind von sich selbst zu sein Und tief sich in den Staub getreten Lächelnd zu sehn - und Bestimmung meinen. Was führt den Weisen denn durch d[es] Lebens Tal, Als Fackel zu dem höheren Sein hinauf - Soll er nur hier geduldig bauen, Nieder sich legen und ewig tot sein. Du bist nicht Rausch - du Stimme des Genius, Du Anschaun dessen, was uns unsterblich macht, Und du Bewußtsein jenes Wertes, Der nur erst einzeln allhier erkannt wird. Einst wird die Menschheit sein, was Sophie mir Jetzt ist - vollendet - sittliche Grazie Dann wird ihr höheres Bewußtsein Nicht mehr verwechselt mit Dunst des Weines. Badelied Auf Freunde herunter das heiße Gewand Und tauchet in kühlende Flut Die Glieder, die matt von der Sonne gebrannt, Und holet von neuem euch Mut. Die Hitze erschlaffet, macht träge uns nur, Nicht munter und tätig und frisch, Doch Leben gibt uns und der ganzen Natur Die Quelle im kühlen Gebüsch. Vielleicht daß sich hier auch ein Mädchen gekühlt Mit rosichten Wangen und Mund, Am niedlichen Leibe dies Wellchen gespielt, Am Busen so weiß und so rund. Und welches Entzücken! dies Wellchen bespült Auch meine entkleidete Brust. O! wahrlich, wer diesen Gedanken nur fühlt, Hat süße entzückende Lust. Die Kahnfahrt Knaben, rudert geschwind, haltet den raschen Takt; Jener Insel dort zu, welche der Lenz bewohnt, Wo die Grazien tanzen Bei Apollos gefällgem Spiel. Seht die Sonne - sie sinkt hinter dem Buchenwald Immer milde hinab in die entferntste Luft, Röter glänzen die Hügel, Die des Abends Erröten grüßt. Becherfreude beim Kuß rosiger Mädchenschar Harret meiner daselbst; sehet sie winken schon. Uns soll Hesperus leuchten Bis zum neidischen Morgenstern. Letzte Liebe Also noch ein freundlicher Blick am Ende der Wallfahrt, Ehe die Pforte des Hains leise sich hinter mir schließt. Dankbar nehm ich das Zeichen der treuen Begleiterin Liebe Fröhlichen Mutes an, öffne das Herz ihr mit Lust. Sie hat mich durch das Leben allein ratgebend geleitet, Ihr ist das ganze Verdienst, wenn ich dem Guten gefolgt, Wenn manch zärtliches Herz dem Frühgeschiedenen nachweint Und dem erfahrenen Mann Hoffnungen welken mit mir. Noch als das Kind, im süßen Gefühl sich entfaltender Kräfte, Wahrlich als Sonntagskind trat in den siebenten Lenz, Rührte mit leiser Hand den jungen Busen die Liebe, Weibliche Anmut schmückt jene Vergangenheit reich. Wie aus dem Schlummer die Mutter den Liebling weckt mit dem Kusse, Wie er zuerst sie sieht und sich verständigt an ihr: Also die Liebe mit mir - durch sie erfuhr ich die Welt erst, Fand mich selber und ward, was man als Liebender wird. Was bisher nur ein Spiel der Jugend war, das verkehrte Nun sich in ernstes Geschäft, dennoch verließ sie mich nicht Zweifel und Unruh suchten mich oft von ihr zu entfernen, Endlich erschien der Tag, der die Erziehung vollzog, Welcher mein Schicksal mir zur Geliebten gab und auf ewig Frei mich gemacht und gewiß eines unendlichen Glücks. Novalis im Netz Novalis bei Gutenberg Informationen zum Literaturkreis Novalis e.V. Weißenfels Novalis-Stiftung Novalis Gesellschaft |