Herbsthauch Herz, nun so alt und noch immer nicht klug, Hoffst du von Tagen zu Tagen, Was dir der prangende Frühling nicht trug Werde der Herbst dir noch tragen? Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch Immer zu schmeicheln, zu kosen, Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch, Abends zerstreut er die Rosen. Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, bis er ihn völlig gelichtet. Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch, Was wir geliebt und gedichtet. Jasminenstrauch Grün ist der Jasminenstrauch Abends eingeschlafen, Als ihn mit des Morgens Hauch Sonnenlichter trafen, Ist er schneeweiß aufgewacht: "Wie geschah mir in der Nacht?" Seht, so geht es Bäumen, Die im Frühling träumen. Armer Strauch Armer Strauch, Nackt ausgezogener, Kahl betrogener! Erst hat dir des Herbstes Hauch Deine Blätter abgefächelt, Und nun deine letzten auch Hat ein Sonnenblick dir abgelächelt. Gern lass ich Sonne scheinen, Gerne lass ich Regen sprühn; Mag die Wehmut sich verweinen, Wenn die Lust nicht mehr will blühn! Freud und Leid sei mir gesegnet; Eines nur ist mir verhasst, Grauer Himmel, der nicht regnet, Missmut, dem die Welt erblasst. Statt Blatt und Blüten, die vom nackten Leibe Der Nordwind abgeschüttelt hat den Bäumen, Statt Blum' und Gras, die von des Rockes Säumen Herbst hat entpflückt Natur, dem armen Weibe; Sät jetzt der Winter an des Fensters Scheibe Frostblumen aus und auf den öden Räumen Schneeblüten, dass damit, als blassen Träumen Vom Lenz, ihr Spiel des Lenzers Sehnsucht treibe. Die Sehnsucht aber sitzt bei mir im Zimmer, blickt aus nach dem von ihr getrennten Lenze, den sie dort sitzen sieht in einem Stübchen; Dort sitzt er hell im eignen Sonnenschimmer, Auf seinen Locken alle Liebeskränze Und alle Rosen um der Wange Grübchen. Amor ein Besenbinder Ich, der schönste Besenbinder, Welcher je durchzog das Land, Binde nur für schöne Kinder, Schöne Kinder seid zur Hand! Besen von dem besten Schnitte, Besen von der feinsten Sitte, Besen voll von Zauberkraft, Wie sie euch kein andrer schafft. Häßliche, gebückte, lahme, Alte, die gekehrt ihr Teil, Bleibet fern von meinem Krame, Euch ist hier kein Besen feil. Meine Besen keck von Schwunge Regen sich allein für junge, Und für euch nur, sehet ihr? Euch zu kehren fort von hier. Du mit träumerischem Wesen, Weiß ich doch, was dir gebührt, Daß du brauchest einen Besen, Welcher sich von selber rührt. Hier will ich dir einen geben, Brauchest nicht die Hand zu heben, Magst ihm zusehn wohlgemut, Wie er seine Arbeit tut. Du mit dem gerümpften Näschen, Bin ich anders recht belehrt, Wohl gefiele dir ein Beschen, Das vor fremden Türen kehrt; Nimm mein niedlichstes von allen, Geh und tu nach Wohlgefallen! Machst du's nur fein säuberlich, Lobt auch deine Arbeit sich. Du mit lächelndem Erröten, Eines werd ich wohl gewahr, Daß du bist in großen Nöten Vor zu großer Freierschar. Nimm den Besen meinetwegen, Der das Haus dir rein mag fegen; Alle Freier feg er fort, Lasse dir den liebsten dort. Aber du, die ewig neue, Der nichts altes wohlgefällt; Daß die Gabe dich erfreue, Nimm den Besen, der nicht hält. Alle Nacht in Stücken geh er, Alle Morgen neu ersteh er, Und vergessen sei's dabei, Daß es doch der alte sei. Du zuletzt, o meine Liebe, Die mich selbst zum Gott gemacht; Daß für dich das beste bliebe, Hab' ich schon zuvor bedacht. Aus dem Busen, der es hegte, Wo ich dir zurück es legte, Statt des Besens nimm zum Preis Dieses schönste Myrtenreis. In dem freundlichen Bezirke Deiner stillen Häuslichkeit, Wo es schaffe, wo es wirke, Zaubr' es dir Zufriedenheit! Alle Sorgen von dir feg es, Nie kein Stäubchen dir erreg es; Ja, und mach' ich dir's zu kraus, Feg auch mich als Kehricht aus! Friedrich Rückert im Netz Friedrich Rückert bei Gutenberg Rückert-Gesellschaft |